Das No Spy Abkommen und andere Lügen

Das No Spy Abkommen war eine Lüge. Im Sommer und Herbst 2013 predigten Regierungspolitiker der Bevölkerung, ein No Spy Abkommen mit den USA  sei bereits beschlossene Sache. Geheime E-Mail-Dokumente, die der SZ vorliegen, beweisen nun: Es gab niemals die Chance auf ein No Spy Abkommen und  beide Parteien wussten das…

Um die Faktenlage über das No Spy Abkommen aus dem Jahre 2013 zu rekonstruieren, hilft es sich die Äußerungen der Akteure noch einmal genau anzuschauen. Denn mal im Ernst: Wer weiß noch genau, was die einzelnen Regierungsvertreter, was Angela Merkel, was Ronald Pofalla, was Steffan Seibert damals zu sagen hatten. Eine kurze Erinnerung:

Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrem Grußwort anlässlich des Jahresempfangs der privaten Banken am 15. April 2013 in Berlin von Jochen Zick, Action Press Quelle: Wikicommons

Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrem Grußwort anlässlich des Jahresempfangs der privaten Banken am 15. April 2013 in Berlin
von Jochen Zick, Action Press Quelle: Wikicommons
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„Auf deutschem Boden gilt deutsches Recht“

Angela Merkel, 15.07.2013

Handelsblatt

 

 

 

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla trifft ein. von daveshine Quelle: Flickr

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla trifft ein.
von daveshine Quelle: Flickr
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„Dieses Angebot [das No Spy Abkommen] könnte uns niemals gemacht werden, wenn die Aussagen der Amerikaner, sich in Deutschland an Recht und Gesetz zu halten, nicht tatsächlich zutreffen würden“

„Es gibt in Deutschland keine millionenfache Grundrechtsverletzung, wie immer wieder fälschlich behauptet wird.“

Ronald Pofalla, 12.08.2013

Tagesschau.de

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Steffen Seibert von Gregor Fisch Quelle: Flickrs
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„Es wird ein No-Spy-Abkommen geben.“Steffan Seibert, 14.08.2013

ndr.de

 

 

 

No Spy Abkommen?

Kanzlerin, Kanzleramtschef und Regierungssprecher haben uns also ein ganz klares Bild vermittelt: „Es ist alles in Ordnung. Die NSA hat in der Vergangenheit ihre Kompetenzen überschritten. Doch wir werden das zukünftig nicht mehr dulden. Die Spionage gehört der Vergangenheit an. Wir werden euch schützen.“ Viele haben es den Politikern abgenommen, haben zumindest geglaubt, dass die Politiker selbst glauben, was sie da von sich geben. Bis die Süddeutsche Zeitung, in der letzten Woche geheime E-Mails-Korrespondenzen veröffentlichte.

Karen Donfried von Sanjay Parekh Quelle: Flickr

Karen Donfried
von Sanjay Parekh Quelle: Flickr
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„Bei uns liegt der Fokus natürlich darauf, ob wir das US-Recht einhalten. Unsere Experten fühlen sich nicht dafür gerüstet, die Einhaltung des deutschen Rechts zu beurteilen.“ (19.07.2013)

„Dies wird kein No-Spy-Abkommen werden, und ich glaube, jeder hier auf unserer Seite hat das auch fortwährend die ganze Zeit über zum Ausdruck gebracht.“ (08.01.2014)

Karen Donfried, (Leiterin Europapolitik im Weißen Haus, persönliche Beraterin des Präsidenten)

Not a big deal

Ernsthafte Pläne für ein No Spy Abkommen hat es nie gegeben. Und das haben die USA auf allen Kanälen auch deutlich kommuniziert. Wer nach den Snowden Enthüllungen die Medienberichterstattung in den USA verfolgt hat, kann davon nicht ernsthaft verwundert sein. Als die Ausspähung von Angela Merkels Handy bekannt wurde, gab es zwar einen Sturm der Entrüstung, doch der Tenor der Medien war: „Es ist keine große Sache“ (Not a big deal). Die USA spähen nun einmal fremde Länder aus. „That’s kind of our thing.“ (so machen wir das eben). Die USA haben keinerlei Unrechtsbewusstsein. Warum sollten sie sich verpflichten eine Spionage aufzugeben, die aus ihrer Sicht gerechtfertigt ist?

Gefahr für die Demokratie

Warum reagierte die Regierung mit einer solchen Schmierenkomödie auf die NSA-Spionage? Es war der Versuch die Freundschaft mit den USA zu retten, der Versuch nicht als untätig, zögerlich oder schwach wahrgenommen zu werden. Der Versuch ist gescheitert. Dass die Bundesregierung dazu gezwungen ist, sich Ammenmärchen auszudenken, um die eigene Bevölkerung zu beruhigen, spricht nicht für ihre Stärke sondern beweist ihre Schwäche. Die Leiterin der Europastrategie Karen Donfried schreibt in ihrer E-Mail unverblümt, dass die amerikanischen Geheimdienste sich nicht an deutsches Recht halten werden. „Auf deutschem Boden gilt deutsches Rech.“ Wenn die deutsche Politik diesen Satz wirklich ernst nehmen würde, dann wären schon längst wirkliche Sanktionen gegen die Amerikaner beschlossen worden: Sei es eine vorübergehende Einstellung der Verhandlungen zu TTIP, die Schließung des US-Botschaftsgebäudes aus dem spioniert wurde oder Asyl für Edward Snowden.

In einer Demokratie ist das Volk der Souverän. Es bestimmt durch Wahlen welche Politik in seinem Namen betrieben werden soll. Wer das Volk wissentlich belügt, nimmt ihm die Möglichkeit adäquat zu beurteilen was für eine Politik überhaupt zur Wahl steht und welche Möglichkeiten zur Debatte stehen. Er verhindert eine bewusste Wahlentscheidung der Bevölkerung und greift damit die Grundfesten unserer Demokratie an. Die Affäre um das No Spy Abkommen offenbart, wie fragil unsere freiheitlich demokratische Grundordnung ist. Hoffentlich sind Angela Merkel und ihre Kollegen sich der schwere ihres tiefgreifenden Fehlverhaltens bewusst.

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