Open Data für Deutschland

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Die Informationsfreiheit in Deutschland steht vor einem grundlegenden Kulturwandel. Das Bundeswirtschaftsministerium formuliert in seinem „Entwurf eines Gesetzes über die Verwendung von Informationen öffentlicher Stellen“ ein generelles Anrecht auf die Verarbeitung aller Informationen öffentlicher Stellen. Ein Quantensprung für die kommerzielle aber auch für die zivile, journalistische und kulturelle Nutzung öffentlicher Daten.

Ein kleiner Schritt für das Wirtschaftsministerium. Ein großer Schritt für Open Data. Auf der Website des Bundeswirtschaftsministerium liegt momentan ein Gesetzentwurf aus, der das Zeug hat die Informationskultur in Deutschland grundlegend zu verändern. Zum Entwurf

Offene Daten und behördliche Praxis

In der breiten Bevölkerung ist es weitgehend unbekannt geblieben, doch seit dem 1. Januar 2006 gilt in Deutschland das „Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes“ kurz „Informationsfreiheitsgesetz.“ Nach diesem ist jede Bundesbehörde zur Weitergabe jeglicher Dokumente auch aus der internen Kommunikation verpflichtet, sofern diese Dokumente nicht anderen Rechten widersprechen. (Sondern etwa persönliche Daten über Behördenmitarbeiter enthalten) Einen Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz kann jeder Bundesbürger stellen. Bei Ablehnung besteht die Möglichkeit sich beim Bundesdatenschutzbeauftragten zu beschweren. Für die meisten Bundesländer gelten ähnliche Regelungen auf Landesebene. In der Praxis gestaltete sich die Arbeit mit behördlichen Daten aber oft schwierig. Die Dokumente wurden zwar ausgehändigt, durften aber nicht weiterverarbeitet oder publiziert werden, weil das dem Urheberrecht der Behörde widersprochen hätte.

Europa für Open Data

Dies wird sich nun ändern. Mit dem Gesetzesentwurf setzt das Wirtschaftsministerium eine EU-Richtlinie vom 26. Juni 2013 um. Es wird ein explizites Recht auf die Verarbeitung behördlicher Informationen formuliert:

§ 1 Zweck des Gesetzes
Dieses Gesetz soll gewährleisten, dass Informationen der öffentlichen Stellen insbesondere dem Markt für Produkte und Dienstleistungen mit digitalen Inhalten diskriminierungsfrei zur Verfügung stehen.

Von dem Gesetz eingeschlossen sind alle öffentlichen Behörden, aber auch Körperschaften und Unternehmen in Staatsbesitz. Ausnahmen werden für Museen, Hochschulen und öffentliche Rundfunkanstalten formuliert. Auch finanzielle Hürden werden abgebaut. Versuchten manche Behörden die Antragsteller bisher durch drakonische Gebühren-Androhungen einzuschüchtern, soll sich der Preis der Dokumente zukünftig am Erstellungsaufwand der Kopien orientieren.
Chancen für Wirtschaft, Kultur und Journalismus

In der Antragsbegründung wird kein Hehl daraus gemacht, dass durch die Regelungen vornehmlich die Interessen von Wirtschaftsunternehmen befriedigt werden. Auch für sie wird es einfacher öffentliche Dokumente zu erhalten und zu verarbeiten. Grenzenlose Chancen liegen aber vor allem im professionellen Journalismus. Öffentliche Vorgänge, Verwaltungs-, Gesetzgebungs- und Rechtsprechungstätigkeiten können nun im Detail nachvollzogen, ungehindert publiziert und sogar durch die Originaldokumente belegt werden. Nicht nur große Massenmedien sondern auch kleine Verbände, Vereine, kirchliche oder gemeinnützige Institutionen, Kleinmedien oder Blogger können sich auf diese Weise notwendige Informationen besorgen. Das Gesetz holt die politischen und öffentlichen Entscheidungsprozesse ein Stück weiter hinter den Rathausmauern hervor und zieht sie auf den Marktplatz.

Ein Prozess offen für Mitsprache

Eine Neuregelung des Umgangs mit behördlichen Informationen war im Koalitionsvertrag vereinbart worden. Angesichts der überwältigenden Mehrheit der großen Koalition im Bundestag besteht kaum Zweifel daran, dass das Gesetz verabschiedet werden wird. Sowohl FDP als auch Grüne werden auf Basis ihrer politischen Anschauungen den Entwurf kaum im Bundesrat verhindern.

Bis zum 30. Juni können „beteiligte Kreise“ Kommentare und Vorschläge zu dem Gesetz beim Wirtschaftsministerium einsenden. Da darin die „Betroffenen“ eingeschlossen sind, ist das Verfahren im Grunde für die Stellungnahme aller Bundesbürger geöffnet. Denn weil jede natürliche Person Daten nach dem Gesetz verwenden kann, ist auch jeder Bundesbürger „betroffen.“ Ein erfreulicher Schritt zu mehr Bürgerbeteiligung.

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About ThomasMorus1478

Online Redakteur, Journalist und Blogger mit vielen Interessen. Studierter Historiker und Philosoph. Internet und Social-Media Freak. Literatur-verrückt und Youtube-abhängig. Schreibt sowohl Journalistisches als auch Belletristik.

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